Nespresso-Attacke im Europäischen Parlament

Eines Morgens waren sie plötzlich da. Vor den Eingängen der Ausschusssitzungsräume hatten Unbekannte sie aufgestellt. Mannshohe, schwarze, mächtige Säulen. Nespresso-Kaffee-Säulen.

Diese neuen Kaffeemaschinen polarisieren das Parlament. Nespresso-Fans begaffen sie erst ehrfürchtig. Dann zapfen sich die ersten ihren Kaffee.  Wobei man sagen muss, dass die Geräte nicht leicht zu bedienen sind. Wo kommt das Geld rein, wo fließt der Kaffee raus? Mancher Abgeordnete ist auf die Hilfe seines Assistenten angewiesen. Der Espresso schmeckt dem Vernehmen nach gut, besser als die übliche Parlamentsbrühe, die während der Sitzungen gereicht werden.

Die Skeptiker-Fraktion hingegen heult auf: Dieser ganze Alu-Müll! Oder auch: Ausgerechnet Nestlé! Inbegriff des bösen global players. Die Aufregung ist groß.

Aus Nestlés Sicht muss der ungewöhnliche Vermarktungsort ein gelungener Coup sein: Nirgendwo sonst ist die Nespresso-Zielgruppe auf so engem Raum versammelt wie in den EU-Institutionen. Ich stelle mir zumindestens eine Gruppe von Menschen, bei der Apple eine Marktdurchdringung von 99 Prozent und Prada von 50 Prozent erreicht haben, als perfekte Nespresso-Zielgruppe vor. Falls die nicht alle schon eine Nespresso-Maschine zu Hause stehen haben…

Was aber hat eigentlich das Europäische Parlament davon? Auch wenn es im EP manchmal durchaus zugeht wie auf einer Messe, auf der jeder im Rahmen von „Ausstellungen“ seine Produkte präsentieren darf: Gefühlt wurde mit den schwarzen Kaffee-Türmen eine neue Ebene der Banalisierung des politischen Raums erreicht. Und das in einem Parlament, das manchmal durchaus noch darum kämpft, ernst genommen zu werden.  Was steckt dahinter? Gibt es Nestlé-Geld für den klammen EP-Haushalt ? Günstigeren Kaffee? Und wer hat das ganze entschieden? Die Parlamentsverwaltung? Die Abgeordneten? Die für die EP-Restaurant zuständige Privatfirma Sodexo?